„Du siehst jetzt aus wie
Brigitte Nielsen“, sagten meine Freundinnen als ich mit 15 Jahren in der Schule
ankam. Dazu trug ich eine weiße Brautjacke aus dem Second-Hand und eine
knallenge Jeans mit leichtem Schlag. Na, ja so etwas möchte man in diesem Alter
nicht gerade hören, aber zu dieser Zeit war Brigitte auch noch die coole und
auffallende Frau an der Seite ihres Rambos.
Am Abend zuvor hatte mir
meine Friseurin meine aalglatten Haare raspelkurz geschnitten und dann auch
noch mit dieser stinkend-ätzenden Blondierung hell gemacht - damals trug man blondierte Haare noch in
der Farbe „gelb“, anders kann ich diese scheußliche Farbe nicht bezeichnen.
Wahlweise wurden meine gelben Haare von mir mit ganz viel Gel zu pieksenden
Stacheln gestylt und hielten so auch über Nacht. Das war die Zeit, wo ich in
die ersten Discos ging, Grunge hörte und meine Gefühlswelt zwischen
Liebeskummer und Verliebtheit wechselte.
Ich ging ab dieser Zeit alle
4-6 Wochen zum Friseur und das ist bis heute so. Heute bin ich 35 Jahre alt und
den einzigen Luxus, den ich mir als Mutter von fünfjährigen Zwillingen gönne,
ist der Friseur. Das kann dann mit Farbe auch mal drei Stunden dauern, die ich
zwar ehrlicherweise immer sehr langweilig finde, weil ich nicht so gerne so lange
sitze, aber das ist es mir wert. Haben meine Haare keinen Schnitt, fühle ich
mich unwohl und trutschig. Viele Mütter meinen ja, dass es einfacher wäre sich
morgens schnell einen Zopf zu machen. Das finde ich übrigens nicht. Haben die
Haare einen guten Schnitt, halte ich einfach den Föhn rein, bürste ein paar Mal
durch und schon sitzen sie wie ne eins. Na, ja ehrlicherweise morgens dann
nicht mehr, aber dafür gibt es mein Bad-Hair-Day-Tuch, so wie hier.
Ich habe übrigens keine
besonders schönen Haare, sie sind einfach nur glatt, so dass oft jedes Haar einzeln
geschnitten werden muss. Daran sind schon einige Friseure dran verzweifelt.
Aber Locken habe ich mir noch nie gewünscht.
Wenn eine Friseurin meinen
Stil erkannt hat und weiß was mir steht, dann bleibe ich ihr immer treu. Bei Tanja,
meiner ersten, die mir auch diese Brigitte-Friese schnitt, blieb ich fast 20
Jahre – nun habe ich Sarah! Falls mir
eine Friseurin mit „wir können das auch ganz kess ins Gesicht kämmen“ oder „wir
können ja auch was strubbeliges machen“ kommt, dann bin ich weg. Ganz schnell,
bevor sie ihre Schere aus der Hand legen kann. Ich beobachte die Friseurin
genau: Wie hält sie die Schere, hat sie eine besondere Technik oder wuschelt
sie nur unsicher in meinen Haaren herum?
Ich gehe eigentlich immer
mit genauen Vorstellungen zum Friseur. Langer Pony und Bob stehen mir gut und
ganz kurz mit Seitenscheitel steht mir auch gut. Das habe ich getestet.
Die Wörter Stufen oder
stufig habe ich schon lange aus meinem Wortschatz gestrichen, denn die
schlimmste Frisur die ich mal hatte, waren mal Stufen. Ja, die Frisur nannte
sich Stufen. Kein Schnitt, sondern überall Stufen. Ich musste bestimmt für ein
Jahr Haarbänder tragen. In den 90gern gab es solche aus Samt, die innen einen
Draht hatten und oben dann geknotet werden konnten. Grauenvoll für ein Mädchen
in diesem Alter.
So trage ich eigentlich seit
Jahren diese zwei Varianten, also kurz oder Bob, in verschiedenen Ausführungen. Mal blond oder auch
rot. Schwarz hatte ich auch schon, aber das muss nicht mehr sein. Letztlich
komme ich aber immer wieder auf blond zurück. Aber nicht mehr auf so ein gelbes
blond, sondern eher ein kühl schimmerndes blond mit einem leichten Blaustich.
Das wollte ich ausnahmsweise auch mal selbst machen. Ich klatschte mir also
schnell im Unterhemd Blondierung auf meine Ansätze, während ich mit meinen
Zwillingen irgendwas in der Wohnung erledigte. Eine halbe Stunde später hing
ich dann über der Badewanne, spülte die Pampe ab und hielt dabei einen großen
Teil meiner Haare in der Hand. Blond waren sie. Über Wochen ging das so. Bei
jedem Haare waschen und jedem Kämmen fielen mir unendlich viele Haare aus. Ich
also beim Friseur angerufen: „Hallo, ich bin Nina und ich habe mir gerade die
Haare selbst gefärbt und jetzt ist alles abgebrochen.“ Ich habe mich gefühlt
wie diese Muddis auf RTL2, die sich eine Blondierung auf den Kopf knallen und dann
alles grün wird. Grün wäre ja jetzt echt nicht so das Problem gewesen. Ich
hatte kleine Nester mit abgebrochenen Haaren auf dem Kopf.
So kam ich zu meiner Tilda
Swinton Frisur.
An den Seiten ein Undercut
und das Deckhaar verdeckte die Nester gut, aber nur wenn sie zur richtigen
Seite gekämmt wurden. So ähnlich muss sich ein Mann fühlen, der seine Plaete
überdecken möchte. Gefärbt wurden sie dann mit einer Pflanzenfarbe, denn noch
mehr Chemie hätten die Haare nicht vertragen. Es ist nie jemandem aufgefallen,
dass ich eine „Notfrisur“ trug. Damit bin ich sogar schon in einem Haar-Magazin
erschienen – wenn die gewusst hätten, dass ich unter dem langen Deckhaar lauter
Nester hatte. Mir kommen die Trähnen bei diesem Gedanken.
Dadurch, dass ich schon viel
frisurentechnisch ausprobiert habe, weiß ich was mir steht und was mein Stil
ist. Ich kenne ihn, genau wie meinen Kleidungsstil. Ich trage eigentlich keine
besonderen Klamotten und meine Frisuren sind eigentlich auch nichts Besonderes,
ich fühle mich aber sehr wohl und das strahle ich auch aus. Ich würde sagen,
dass ich durch meine Experimente meinen Stil erkannt habe.
Also los: Macht einen Termin
beim Friseur und traut euch was. Tilda Swinton und Brigitte Nielson waren erst
der Anfang.
Wie ist das bei euch? Geht ihr gerne zum Friseur und wisst was euch steht? Ich bin gespannt auf eure Meinung!
P.S.: Nein, mein Leben dreht sich nicht nur um meine Haare, ich werde nur immer wieder auf meine Frisuren angesprochen. Das ist doch eine kleine Haar-Geschichte wert...
Dicken Knutscha und ein tolles Wochenende! Nina
Dicken Knutscha und ein tolles Wochenende! Nina